ERLANGEN (enz) – Zahlreiche Arbeitgeber machen die Region Erlangen-Höchstadt-Herzogenaurach attraktiv. Unzählige Pendler und hohes Verkehrsaufkommen sind die Kehrseite eines gefragten Wirtschaftsraumes. Deshalb beschäftigen sich die Freien Wähler im Landkreis mit der Frage, wie sich der Personennahverkehr optimieren lässt. Eine Alternative können elektrisch angetriebene Linienbusse sein. Bei einer Bürgerinformationsfahrt gab es nun Gelegenheit, die Verkehrsmittel der Zukunft kennenzulernen.
„Das Thema öffentlicher Personennahverkehr ist präsent wie nie“, sagt Röttenbachs Bürgermeister Ludwig Wahl. Der Grund hierfür ist aus Sicht des Freie Wähler-Kreisrats allerdings nicht das inzwischen Jahre andauernde Tauziehen um eine Stadt-Umland-Bahn. „Wer gute Arbeit sucht, muss zunehmend weitere Wege in Kauf nehmen“. Und auch der demografische Wandel macht sich zunehmend bemerkbar, wie Irene Häusler ergänzt. „Die Menschen werden immer älter und gleichzeitig weniger mobil. Die Frage, ob man auch ohne eigenes Auto Arzt, Apotheke und Freizeitangebote nutzen kann, wird künftig für die Lebensqualität entscheidend sein“, so die FW-Kreisvorsitzende. Dabei, dies betonen die Kommunalpolitiker anlässlich des diesjährigen Erdüberlastungstages, dürfe der immer noch steigende Mobilitätsbedarf allerdings nicht zu Lasten von Mensch und Natur gehen. Der Blick auf die endlichen Ressourcen, so Ludwig Wahl, mache aus seiner Sicht eine Abkehr von dieselbetriebenen Linienbussen unverzichtbar. „Aus unserer Sicht sind mit Ökostrom betriebene Omnibusse eine gute, auch kurzfristig realisierbare Alternative“. Allerdings, so der FW-Experte für öffentlichen Personennahverkehr, gebe es noch große Vorbehalte gegenüber dieser Technologie. „Deshalb hat sich unsere Kreistagsfraktion dazu entschlossen eine Bürgerinformationsfahrt nach Öhringen anzubieten“, erläutert Gerald Brehm. Dort, so der Vorsitzende der Freien Wähler im Erlanger Kreistag, sind bereits elektrisch angetriebene Linienbusse im Einsatz.
Unter Leitung des Röttenbacher Bürgermeisters machten sich jetzt über 30 Interessierte auf den Weg ins Hohenloher Land. Dort wurde zunächst die in Künzelsau ansässige Ziehl-Abegg SE besucht. Knapp 30 Mio. Euro jährlich investiert der 1910 gegründete Hersteller von Elektromotoren in Forschung und Entwicklung. So konnte die Vision von elektrisch betriebenen Linienbussen in den letzten acht Jahren zur Marktreife gebracht werden. Das Besondere, so Harald Ludescher, ist dabei Vielseitigkeit des Antriebskonzeptes. Dieses kommt in der Fertigung aller großen Elektrobushersteller zum Einsatz. „Die Antriebsachsen können jedoch innerhalb einer Stunde auch in konventionelle Busse eingebaut werden. Damit ist eine Nachrüstung in bestehenden Flotten problemlos möglich“, erläutert der Vertriebsleiter von Ziehl-Abegg. In Deutschland sind solche Lösungen jedoch noch Zukunftsmusik. „Wir haben das überlegt, doch dann hat unser deutscher Bushersteller mit Wiederruf der Betriebserlaubnis gedroht“, berichtet Roland Braun. Von den Vorteilen der Elektrobusse ist der Betriebsleiter des Nahverkehr Hohenlohe dennoch überzeugt. Gemeinsam mit vier Auftragsunternehmen brachte man deshalb im Frühjahr vier Fahrzeuge eines internationalen Lieferanten auf die Straße. Während ein konventionelles Dieselfahrzeug mit 100.000 Euro zu Buche schlägt, kostet die elektrisch angetriebene Variante stolze 300.000 Euro. „In zehn Jahren lassen sich so allerdings knapp 220.000 Euro und 760.000 Kg CO2 einsparen“, betont Ludescher.
Gemeinsam mit Besuchern der Landesgartenschau konnten die Teilnehmer der Bürgerinformationsfahrt dann eines dieser im Regelbetrieb eingesetzten Fahrzeuge testen. Statt von abstrakten Verbrauchszahlen zeigten sich die Probefahrer eher vom Komfort überzeugt. Dies liegt an den knapp um die Hälfte niedrigeren Fahrgeräuschen ebenso, wie am ruckelfreien – weil getriebelosen – Fahren. „Wichtig ist es für uns, mitzunehmen, dass Elektrobusse keine Utopie mehr sind“, betont Ludwig Wahl. Denn, so der Kreisrat, elektrische Omnibusse sind in Rotterdamm, Umea, Münster und dem Hohenlohe-Kreis längst Alltag. „Wer kann da noch guten Gewissens von störungsanfälligem Probebetrieb reden?“. Bedenken, die Roland Braun alle kennt. „Deshalb rate ich ihnen, nicht immer in ganzen Netzen oder Systemen zu denken. Fangen sie einfach mit einem Fahrzeug an“. Aufwändige und teure Infrastruktur braucht es aus Sicht des Betreibers nicht. „Aktuell beträgt die Reichweite der Fahrzeuge 200 Kilometer. Das reicht für 70 Prozent des ÖPNV. Und geladen werden kann ein Bus wenn es sein muss auch mit Baustrom“.

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von links nach rechts: BGM Ludwig Nagel (CSU), Fraktionssprecherin im Kreistag Elke Weiss (FDP), BGM Ludwig Wahl (FW), BGM Karsten Fischkal (FW), BGM Bernhard Seeberger (FW), Christian Enz (FW), Kreisrat Patrick Prell (FW), Altebürgermeister Hans Mitschke (FW)

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Für alle die nicht dabei sein konnten, hier noch die Präsentationen:

Exkursion_Elektromobilität_Extrakt_Markttrends_DE 04-08-2016 Exkursion_Elektromobilität_ZAwheel_Produktvorstellung_DE 2016-07-04

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